Tierfreundlicher Garten im Winter: Wie Nahrung und Unterschlupf Leben retten
von belmedia Redaktion Allgemein Gartengestaltung Gartenpraxis Jahreszeiten News Pflanzen Tiere
Der Winter wirft seinen Schatten voraus und mit ihm die Zeit, in der Pflanzen und Tiere ums Überleben kämpfen.
Ein naturnah gestalteter Garten kann in den kalten Monaten zur entscheidenden Oase werden – vorausgesetzt, Nahrung, Schutz und Ruhe sind vorhanden.
Wenn die Tage kürzer werden und der erste Raureif auf Beeten und Wiesen liegt, verlangsamt sich das Leben im Garten. Pflanzen ziehen Nährstoffe in ihre Wurzeln zurück, viele Stauden welken, Laub fällt. Gleichzeitig beginnt für die Tierwelt die heikelste Phase des Jahres. Die natürliche Nahrung wird knapp, Verstecke sind rar, Frost und Nässe setzen kleinen Körpern zu. Eichhörnchen benötigen zusätzliches Futter und sichere Kobel, Igel suchen ungestörte Winterquartiere, Vögel sind auf energiereiche Samen angewiesen, Insekten brauchen strukturreiche Rückzugsorte.
Gerade im Siedlungsraum ist der Garten oft einer der wenigen Orte, an denen Tiere im Winter noch etwas finden. Moderne Landschaften sind stark versiegelt und aufgeräumt, wilde Hecken fehlen, Laub wird entfernt, Totholz verschwindet. Genau hier kann ein Garten einen Unterschied machen. Tierfreundliche Winterhilfe beginnt nicht erst bei Schnee und Frost, sondern schon im Herbst – und eigentlich bereits bei der Gartengestaltung und Pflanzenauswahl.
Warum Winterhilfe im Garten heute wichtiger ist als früher
Viele Wildtiere haben sich an ein Leben in menschlicher Nähe angepasst. In warmen Wintern bleibt die Aktivität mancher Arten länger erhalten, gleichzeitig nehmen Extremwetterlagen zu: Kälteeinbrüche nach milden Phasen, gefrierender Regen, frühe Schneedecken oder lange Trockenperioden. Das setzt Tiere unter Stress und erschwert die Nahrungssuche. Hinzu kommt der stetige Verlust naturnaher Flächen.
Ein Garten, der nicht vollständig „aufgeräumt“ wird, bringt deshalb doppelte Vorteile: Er bietet im Winter Nahrung und Schutz und fördert im Sommer die Biodiversität durch Brutplätze, Insektennahrung und Jagdreviere.
Nahrung im Winter: Nicht nur füttern, sondern vorausdenken
Der wichtigste Grundsatz lautet: Je mehr natürliche Nahrung im Garten vorhanden ist, desto weniger braucht es Zufütterung. Natürliche Nahrungsquellen sind nicht nur gesünder, sondern auch sicherer, weil sie das Verhalten der Tiere nicht unnatürlich verändern.
Pflanzen, die im Winter Futter liefern
Sträucher und Bäume mit Beeren, Samen oder Nüssen sind die Basis eines lebendigen Wintergartens. Sie versorgen Vögel, Kleinsäuger und teilweise auch Insekten über Monate hinweg.
- Hagebutten-Rosen, Schlehe, Sanddorn, Liguster und Berberitze als Beerenträger
- Hasel, Walnuss, Eiche und Buche als Nuss- und Samenlieferanten für Eichhörnchen und Eichelhäher
- Stauden mit Samenständen wie Sonnenhut, Fetthenne, Königskerze oder Disteln als Winterfutter für Finken und Meisen
- Wilde Kräuter wie Brennnessel oder Nachtkerze als Samenquelle und Insektenhabitat
Samenstände sollten über den Winter stehen bleiben. Sie sind nicht nur Nahrung, sondern sammeln Raureif und Schnee, was den Garten auch optisch bereichert.
Gezielte Zufütterung – aber richtig
In strengen Wintern oder sehr „armen“ Gärten kann Zufütterung helfen. Sie sollte jedoch artgerecht erfolgen und nicht zu ungewollten Nebenwirkungen führen.
- Vögel mit hochwertigen Körner- und Fettmischungen füttern, ohne Brot oder Speisereste
- Eichhörnchen mit ungesalzenen Nüssen und Kernen unterstützen, idealerweise in einer eigenen Futterstation
- Igel nur in Ausnahmefällen füttern, etwa bei nachweislich untergewichtigen Jungtieren, und dann ausschliesslich mit geeignetem Eiweissfutter wie Katzenfeuchtfutter mit hohem Fleischanteil ohne Fisch
Wichtig ist konsequente Hygiene an Futterstellen. Nasses, verschimmeltes oder altes Futter erhöht das Krankheitsrisiko deutlich.
Unterschlupf im Winter: Struktur statt Ordnung
Viele Tiere überleben den Winter nur, wenn sie geeignete Rückzugsorte finden. Ein strukturreicher Garten bietet solche Plätze automatisch – vor allem, wenn nicht alles „sauber“ weggeputzt wird.
Laub und Totholz als Lebensversicherung
Laub ist ein natürlicher Winterschutz. Es isoliert den Boden, schützt Pflanzenwurzeln und bildet gleichzeitig ein Mikrohabitat für zahlreiche Tiere. Unter einer Laubschicht überwintern Käfer, Spinnen, Asseln und Schnecken – und genau diese sind wiederum Nahrung für Igel und Vögel.
Totholz erfüllt eine ähnliche Funktion. Es bietet Unterschlupf für Insekten, Pilze und Kleinsäuger und fördert das Bodenleben.
- Laub unter Hecken, Büschen und in ruhigen Ecken liegen lassen
- Reisig- oder Asthaufen als Rückzugsort für Igel und Insekten anlegen
- Totholzstämme oder Holzstapel im Halbschatten belassen
Winterquartiere für Igel
Igel benötigen trockene, ungestörte Schlafplätze. Sie überwintern oft in Laubhaufen, unter Holzstapeln oder in selbst gebauten Igelhäusern. Entscheidender als das Material ist die Ruhe: Jede Störung zwingt den Igel zum Aufwachen und verbraucht kostbare Fettreserven.
- Laubhaufen als natürliche Quartiere stehen lassen
- Igelhäuser mit kleinem Eingang (ca. 10 x 10 cm) in windgeschützten Ecken aufstellen
- Komposthaufen im Winter nicht umsetzen
Kobel und Kletterräume für Eichhörnchen
Eichhörnchen halten Winterruhe, suchen aber regelmässig Vorräte. Sie brauchen Bäume mit Aststruktur, dichte Hecken sowie sichere Durchgänge zwischen Grünflächen. In sehr offenen Gärten sind sie gefährdet, weil sie kaum Deckung haben und schneller auskühlen.
- Grosse Bäume und alte Astgabeln möglichst erhalten
- Hecken und Strauchgruppen als Kletter- und Fluchtrouten belassen
- Verbindungen zu Nachbargärten durch kleine Durchlässe ermöglichen
Insekten überwintern im Garten
Viele Insekten überleben als Ei, Larve oder Puppe in Pflanzenstängeln, Ritzen oder im Boden. Ein „sauber“ leergeräumter Garten bedeutet für sie den Tod.
- Staudenstängel bis zum Frühling stehen lassen
- Insektenhotels an trockenen, sonnigen Orten belassen
- Offenen Boden unter Sträuchern nicht mulchen oder umgraben, damit Wildbienen dort überwintern können
Gefahren im Wintergarten vermeiden
Neben fehlender Nahrung sind menschliche Gartenarbeiten einer der häufigsten Todesgründe für Kleintiere im Winter. Besonders gefährlich sind Geräte, die am Boden arbeiten oder Haufen zerkleinern.
- Mähroboter im Winter nicht nachts laufen lassen, da Igel zu dieser Zeit aktiv sind
- Laub- oder Asthaufen vor dem Umsetzen immer kontrollieren
- Kein Schnittgut verbrennen, ohne es vorher gründlich zu prüfen
- Auf chemische Mittel wie Schneckenkorn oder Unkrautvernichter verzichten
Schon kleine Anpassungen verhindern viele Verletzungen.
Gartengestaltung für Wintertiere: Langfristig denken
Ein tierfreundlicher Wintergarten entsteht nicht an einem Tag. Er wächst mit der Zeit durch passende Strukturen und Pflanzen. Besonders wertvoll sind naturnahe Übergänge statt harter Grenzen: Hecken statt Zäune, Wildstaudenecken statt Kiesflächen, artenreiche Blumenwiesen statt monotone Rasenflächen.
Ein Garten mit unterschiedlichen Ebenen – Bäume, Sträucher, Stauden, Bodenvegetation – bietet wesentlich mehr Lebensraum als ein einheitlicher „Designgarten“. Auch kleine Flächen können viel leisten, wenn sie abwechslungsreich gestaltet sind.
Fazit: Der Wintergarten als stille Oase
Der Winter ist für viele Gartenbewohner eine Zeit der Not. Ein Garten, der Nahrung, Schutz und Ruhe bietet, wird für Tiere zur Überlebensinsel. Entscheidend sind dabei nicht spektakuläre Massnahmen, sondern die Summe kleiner, bewusster Entscheidungen: Laub liegen lassen, Samenstände stehen lassen, Hecken pflanzen, Totholz dulden, Futterstellen hygienisch betreiben und auf gefährliche Geräte verzichten.
So entsteht ein Garten, der auch in der dunklen Jahreszeit lebendig bleibt – und im Frühling mit umso mehr Vielfalt zurückkommt.
Quelle: gartenaktuell.ch-Redaktion
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